„Ich bin drüber gerutscht, dann war der Finger offen“

8. Dezember 2024

Jessica Sriskandarajah wieder fit

Die Handballerin Jessica Sriskandarajah von der SGH Ibbenbüren verletzte sich vor vier Wochen an der Wurfhand und wurde ins Krankenhaus gefahren. Am Samstag kehrte sie überraschend zurück. Sie selbst erklärt die Genesung und ihr Comeback.

Jessica Sriskandarajah wieder voll im Einsatz gegen Teutonia Bochum-Riemke, die Finger noch getapet. | Foto: K.-U. Walhorn

Es ist der 3. November, die Damenmannschaft der SG Handball Ibbenbüren spielt gegen den TSV Hahlen. Zum Start der zweiten Halbzeit kommt Außenspielerin Jessica Sriskandarajah zu ihrem Einsatz für Ibbenbüren. Nach gut zwei Minuten fährt sie einen Tempogegenstoß, nimmt im Fallen den Ball auf, wirft und trifft zum zwischenzeitlichen 19:9. Aber sie bleibt liegen, es folgt die Unterbrechung des Schiedsrichters. Sriskandarajah steht auf und läuft unter Tränen zum Spielfeldrand. Trainer Sascha Zaletel vermutet nach dem Spiel einen offenen Bruch. Kaum 27 Tage später steht die Handballerin wieder auf der Platte und erzielt vier Tore gegen Teutonia Bochum-Riemke. Wunderheilung oder doch nicht ganz so schlimm? Jessica Sriskandarajah schildert, wie sie es erlebt hat.

Jessica Sriskandarajah, Sie waren gerade einmal zwei Minuten auf der Platte. Wie haben Sie die Situation, die zu Ihrer Verletzung führte, selbst erlebt?

Jessica Sriskandarajah: Ich bin einen Konter gelaufen, was ich am liebsten mache. Ich weiß gar nicht, ob man davon sprechen kann, ob ich einen Stoß mitbekommen habe oder nicht. Ich bin auf jeden Fall hingefallen, meine Hand ist am Boden hängen geblieben, umgeknickt und ich bin drüber gerutscht. Dann war der Finger offen. Danach bin ich aufgestanden, wollte zurücklaufen und habe gemerkt, da stimmt was nicht. Habe mir meinen Finger angeschaut, der war nicht mehr ganz gerade und der Knochen schaute raus. Da hatte mich der Schock getroffen.

Wie ging es danach weiter?

Sriskandarajah: Ich war wie ausgewechselt, war gut drauf und habe auf der Tribüne viel gelacht. Ich hatte keine Schmerzen. Dann hat Anki (Ann-Kathrin Witt) aber doch den Krankenwagen gerufen. Da wurde dann alles gerichtet, und ich konnte abends wieder nach Hause.

Wie lautete die Diagnose?

Sriskandarajah: Mein Finger war offen, man konnte den Knochen auch sehen, aber im Krankenhaus haben wir dann festgestellt, dass es nicht gebrochen war, sondern eine offene Auskugelung. Der Finger wurde betäubt, der Arzt hat sich alles angeschaut. Die Beugesehne wurde gefunden, die war seitlich weggerutscht. Glück im Unglück. Alles wurde wieder gerichtet, ich wurde zusammengenäht und durfte gehen.

Wie verlief der Heilungsprozess?

Sriskandarajah: Zwei Wochen durfte ich nichts machen, der kleine Finger wurde geschient. Am 10. Tag wurden mir die Fäden gezogen und durfte dann direkt mit der Physiotherapie anfangen. Innerhalb von zwei Wochen habe ich wieder superviel Bewegung dazu gewonnen. Das war von: Ich kann meinen Finger nicht mehr ansteuern, bis ich ich kann nahezu alles wieder machen. Mir fehlen noch ein paar Bewegungsgrade, aber ich will mich nicht beschweren. Ich kann den Alltag leben, im Job arbeiten und auch Handball spielen.

27 Tage nach Ihrer Verletzung standen Sie schon wieder auf der Platte gegen Teutonia Bochum-Riemke. Kam der Einsatz zu früh?

Sriskandarajah: Gute Frage, die man nicht einfach beantworten kann. Mein Finger hat mir das Gefühl gegeben: Ich bin bereit. Donnerstag und Freitag habe ich trainiert und hatte keine Probleme. Ich habe nicht einmal einen Schmerz verspürt. Zur Stabilität tape ich mir die Finger zusammen, das mache ich schon. Für mich persönlich war es am Samstag nicht zu früh. Vielleicht war es ein unerwartetes Comeback, aber ich hatte so ein gutes Gefühl, der Finger ist so gut verheilt, dass es einfach gut geklappt hat.

Wie beeinträchtigt sind Sie noch von der Verletzung?

Sriskandarajah: Beim Handballspielen an sich bin ich gar nicht beeinträchtigt. Es sind nur endgradige Bewegungen, die ich im Alltag nicht brauche. Ich bin selbst in der Ausbildung zur Physiotherapeutin. Bei der Arbeit behindert mich der Finger nicht. Ich kann alles ausüben. Es braucht einfach eine gewisse Zeit, bis man die vollständige Bewegung wieder erlernt.

Im vergangenen Jahr hatten Sie sich einen Meniskusriss zugezogen und sind monatelang ausgefallen. Beeinflusst Sie diese Verletzung noch?

Sriskandarajah: Tatsächlich gar nicht, das war damals unglücklich, wie ich mir das Knie verdreht habe. Aber mein gesamter Genesungsprozess verlief einwandfrei. Am Anfang hieß es, ich könne vier Monate kein Handball spielen, dann sechs. Aber nach der Kontrolle war der Arzt so mit der Heilung zufrieden, dass es doch nur vier Monate wurden. Danach hat es sich einfach nicht mehr gelohnt für ein Spiel zurückzukommen. Sascha (Zaletel) und Timo (Ortmeyer) waren auch dieser Meinung. Ich habe aber null Probleme und bin sogar fitter wieder zurückgekommen.

Sie sind selbst in der Ausbildung zur Physiotherapeutin. Würden Sie einem Patienten mit der gleichen Verletzung am Finger zum Handballspiel nach vier Wochen Genesung raten?

Sriskandarajah: Ganz gemeine Frage. Ich finde, es kommt darauf an, wie ich als Physio mit dem Finger zufrieden bin. Was kann die Person alles? Hat sie Schmerzen? Hat sie Einschränkungen? Ich habe da als Physiotherapeutin ganz viele Fragen. Wie gut kennt sich diese Person mit dem eigenen Körper aus? Da ich vom Fach komme, ist das noch mal etwas anderes, wie ich damit umgehe. Ich würde nie pauschal ja oder nein sagen. Da habe ich keine konkrete Antwort drauf.

Am [vergangenen] Samstag kommt es in Ibbenbüren zum Topspiel. Die SGH Ibbenbüren empfängt den Tabellenführer BVB Dortmund 2. Werden Sie dann wieder voll einsatzfähig sein?

Sriskandarajah: Für mich persönlich ja, ich bin bereit für das Topspiel und habe auch schon viel Vorfreude.

Was für ein Spiel erwarten Sie dann in der Halle Ost?

Sriskandarajah: Ich glaube ein sehr temporeiches Spiel, Dortmund läuft viele Tempogegenstöße. Wie letztes Wochenende müssen wir über 60 Minuten eine gute Leistung zeigen, müssen bereit sein, den Kampf anzunehmen und kämpfen bis zum Ende. Ich bin selbst gespannt was uns erwartet.

Sie sind nicht nur Spielerin bei der SG Handball Ibbenbüren, sondern auch Trainerin bei den B-Juniorinnen von Eintracht Mettingen. Was bringen Sie den Nachwuchsspielerinnen bei?

Sriskandarajah: Ich betreue die Mädels jetzt seit vier Jahren. Natürlich habe ich hier in Ibbenbüren neue Sachen aufnehmen können, die man auch den Mädels mitgeben kann. Ich habe aber keine konkrete Antwort darauf, was ich jetzt speziell mitgeben kann. Vielleicht kann ich Situationen im Spiel gut lesen und dort einen individuellen Tipp geben. Ich glaube, Dirk Ruwe, Martina Schöpper und ich ergänzen uns da ganz gut. Wir haben alle Drei einen guten Blick aufs Spiel. Wenn wir uns austauschen, finden wir immer die richtige Methode. Wir Drei bringen die Mädels zusammen voran. Ich kann es gar nicht auf mich beziehen, unser Trainerteam macht es aus.


Zur Mannschaft

Artikel geschrieben von Bernd Kolkmann
In der IVZ erschienen am Mittwoch, 04.12.2024